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Landeshauptstadt: Von der ersten Sekunde an gewusst: Wir gewinnen Potsdamer Anwalt vertrat Grundstückserbin in Straßburg

Von Nicola Klusemann Häme und Spott empfinde er nicht, sagt der Potsdamer Rechtsanwalt Thorsten Purps. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom Donnerstag aber sei – auch wenn das pathetisch klinge – „der Triumph der Gerechtigkeit“.

Von Nicola Klusemann Häme und Spott empfinde er nicht, sagt der Potsdamer Rechtsanwalt Thorsten Purps. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom Donnerstag aber sei – auch wenn das pathetisch klinge – „der Triumph der Gerechtigkeit“. In Straßburg war entschieden worden, dass die Bundesrepublik mit der entschädigungslosen Enteignung der ostdeutscher Erben von etwa 70000 Grundstücken gegen das Grundrecht auf Eigentum verstoßen hat. Eine dieser Erben, namentlich Edith L. aus der Nähe von Frankfurt/Oder, vertrat der 42-jährige Anwalt. Thorsten Purps, der sich selbst eher als Berufspessimist bezeichnet, habe von der ersten Sekunde, als er den Fall 1999 übernahm, daran geglaubt, dass am Ende ein positives Ergebnis stehe. „Ich wusste, wir gewinnen.“ Wäre das nicht eingetreten, gesteht er freimütig, hätte er sich beruflich umorientiert. „Das wäre für mich ein Vertrauensbruch in die Rechtsordnung gewesen.“ Nein, nein, den Beruf des Rechtsanwalts hätte er deshalb nicht in Gänze aufgegeben, erklärt der Mitarbeiter der Kanzlei Streitbörger und Speckmann mit Sitz in der Hegelallee. Aber die Arbeitsschwerpunkte wären vermutlich andere geworden. Thorsten Purps beschäftigt sich vornehmlich mit offenen Vermögensfragen nach altem DDR-Recht und dem damit verbundenen Sachenrechtsbereinigungsgesetz. Zu diesen hat der gebürtige Dortmunder, der 1992 seine Anwaltstätigkeit aufnahm, auch schon mehrere Aufsätze publiziert. Durch das Straßburg-Urteil berühmt geworden sei er nicht, wiegelt er ab. Trotzdem stand sein Telefon gestern nicht still, viele wollten ihn, den Sieger, an die Strippe kriegen. In seinem Büro sei extra eine Kraft abgestellt worden, um die unzähligen Anrufer – Journalisten, Gratulanten und natürlich Betroffene – freundlich in die musikalisch untermalte Warteschleife zu schicken. Natürlich hätte ihn das ganze Prozedere auch Kraft und Nerven gekostet. Es habe in den vergangenen fünf Jahren immer wieder auch frustrierende Rückschläge gegeben, der letzte Monat bis zur Urteilsverkündung habe aus „grausamem Warten“ bestanden. Schließlich hätte der Europäische Gerichtshof bereits am 16. Dezember entschieden, aber bis vor drei Tagen „brutal dicht“ gehalten. Die Vertreter der Bundesregierung hätten noch am Donnerstag so getan, als wüssten sie das Ergebnis bereits. „Sie waren sicher, dass sie gewinnen.“ Während Purps und seine Mitstreiter dann nach der Urteilsverkündung jubilierten, wären die Regierungsvertreter sichtlich überrascht gewesen. Die spontane Aussage der Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, einen Antrag bei der Großen Kammer des Europäischen Gerichtshofs zu erwägen, nannte der Anwalt „unüberlegt“. Als sich die Reaktion der Ministerin in der elsässischen Stadt verbreitete, habe sich ein Richter aus Karlsruhe Purps zugewandt und versichert: „Die Bundesregierung hat keine Chance.“

Nicola Klusemann

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