Lola-Abend der Potsdamer Andreasse: Preisregen für Kleinerts „Lieber Thomas“, drei Lolas für Dresens „Rabiye Kurnaz“
„Lieber Thomas“ sackte am Freitagabend neun Lolas ein - darunter die Auszeichnung als Bester Film in Gold. Auch weitere Potsdamer:innen jubelten.
Berlin - Es war der Abend der Potsdamer Andreasse bei der 72. Verleihung der Deutschen Filmpreise am Freitagabend im Berliner Palais unterm Funkturm: Da war zum einen Andreas Kleinert, Regisseur und Kopf der Biographie „Lieber Thomas“ über den Künstler und Literaten Thomas Brasch. Und zum anderen der Potsdamer Andreas Dresen mit seinem Menschenrechtsdrama „Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush“. Gemeinsam holten die beiden Filme zwölf der 19 Filmpreise.
Dominiert hat allerdings Kleinerts „Lieber Thomas“ die diesjährige Filmpreis-Verleihung. Insgesamt neun Lolas, darunter die wichtigen Auszeichnungen als Bester Film in Gold, für die Beste Regie für Kleinert, für Albrecht Schuch als Bester männlicher Hauptdarsteller und das Beste Drehbuch für den Filmuni-Absolventen Thomas Wendrich - holte das Drama.
Erster großer Preis für Gisela Zick
Jella Haase, die gemeinsam mit Kollegin Anja Schneider für „Lieber Thomas“ in der Kategorie „Beste weibliche Nebenrolle“ nominiert war, konnte die Auszeichnung für sich beanspruchen. Haase spielte die junge Katharina Thalbach, die einst mit Thomas Brasch aus der DDR nach Westdeutschland ausreiste. „Der Film bleibt als Erinnerung, mutig zu sein, gegen Widerstände zu gehen“, sagte Haase, die „überwältigt“ war von der Ehrung für ihr authentisches, doch nie überzeichnetes Spiel der jungen Thalbach.
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Für den besten Schnitt wurde die 78-jährige Gisela Zick ausgezeichnet, die als Editorin für „Lieber Thomas“ ihren ersten großen Preis überhaupt erringen konnte.
Zu Tränen gerührt war die Potsdamer Kostümbildnerin Anne-Gret Oehme, die nach vielen Fernsehproduktionen mit der Kinoproduktion „Lieber Thomas“ den wichtigsten deutschen Filmpreis holen konnte. „Es war unheimlich wichtig, die einzelnen Zeiten darzustellen“, erinnerte sich Oehme über die Arbeit des biografischen Spielfilms über den Künstler und Literaten Thomas Brasch.
Die Kostümbildnerin dankte Regisseur Thomas Kleinert: „Du bist so ein toller Regisseur, der so eine Liebe fürs Kostüm hat“. Dank ging auch an den Kostümfundus Babelsberg: „Ich hatte so wenig Geld zur Verfügung, ohne Euch hätte die Hälfte der Schauspieler keine Kleidung gehabt.“ Sie warb für ihr Filmhandwerk, das Kostümbild: „Und für diese Freude an meiner Arbeit so belohnt zu werden, dafür danke ich“, sagte sie unter Tränen.
Drei Lolas für Dresens Drama
Zweiter großer Sieger des Abends war der Potsdamer Dresen mit seinem Drama „Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush“. Von den zehn Nominierungen konnte Dresens Drama am Ende nur drei Lolas auf sich vereinen, darunter die Silberne Lola für den Besten Film. Unverständlich war die Nicht-Berücksichtigung von Dresens Drehbuchautorin Laila Stieler, die sich "Lieber Thomas"-Autor Wendrich geschlagen geben musste. Auf der Berlinale hatte Stieler den Silbernen Bären für ihr Kurnaz-Drehbuch erhalten. An Dresens Hauptdarstellerin Meltem Kaptan als resolute, mit überragendem Mutterwitz ausgestattete Rabiye Kurnaz kamen die Mitglieder der Deutschen Filmakademie nicht vorbei.
Die Gewinnerin des Silbernen Bären als Beste Hauptdarstellerin bei der diesjährigen Berlinale dankte bei der Lola-Gala nicht nur Regisseur Dresen und Drehbuchautorin Laila Stieler, sondern auch Mit-Lola-Gewinner Alexander Scheer: Einen besseren Spielpartner hätte ich mir nicht vorstellen können.“ Die eigentliche Auszeichnung für die Lebensleistung gebühre allerdings den wahren Protagonisten Rabiye Kurnaz und Bernhard Docke, würdigte Kaptan die beiden Protagonisten, auf deren Geschichte der Film beruht.
Scheer erhält erneut Preis mit Dresen-Film
Alexander Scheer, der bei seiner letzten Zusammenarbeit mit Andreas Dresen im Jahr 2019 einen Filmpreis als Bester Hauptdarsteller in „Gundermann“ erhielt, durfte sich in diesem Jahr über die Lola als Bester Nebendarsteller freuen. Etwas unverständlich war die Kategorie, da sein überragendes Spiel als Menschenrechtsanwalt Bernhard Docke eigentlich eine Hauptrollen-Lola verdient hätte. Er erinnerte an die Premiere des Films bei der Berlinale, als die echten Rabiye Kurnaz und Bernhard Docke auf die Bühne kamen und der ganze Saal sie mit Standing Ovations gefeiert hatte. „Da hast Du geleuchtet, Rabiye“, sagte er zur richtigen Mutter von Murat Kurnaz, die wie auch Anwalt Docke bei der Lola-Verleihung als Gast war.
Ehrenpreis für Kameramann Jürgen Jürges
Den besten Dokumentarfilm des Jahres kreierte die Babelsberger Filmuni-Absolventin Antonia Kilian, die mit „The other side of the river“ junge Frauen im Kampf gegen den islamischen Staat zeigt. Sie sei „überwältigt“ von der Ehrung, sagte Kilian, schließlich sei es ihr Debutfilm. Dafür war sie ein halbes Jahr in Syrien, um zu recherchieren. „Und ich bin um so vieles reicher zurückgekommen“, sagte die frischgebackene Lola-Preisträgerin.
Feiern konnte auch Filmuni-Absolvent Tomer Eshed, der für seine visuellen Effekte im Team mit Dennis Rettkowski und Markus Frank für seine Arbeit im Film „Die Schule der magischen Tiere“ ausgezeichnet wurde. Eshed produzierte 2008 und 2011 mit „Our wonderful nature“ und „Flamingo Pride“ zwei der erfolgreichsten Babelsberger Trickfilme der letzten Jahre.
Den Ehrenpreis der diesjährigen Lola-Verleihung erhielt der Kameramann Jürgen Jürges, der seit den 1960er-Jahren mit Größen wie dem Potsdamer Oscar-Preisträger Volker Schlöndorff, Rainer Werner Fassbinder und Wim Wenders zusammengearbeitet hat.
Die in Babelsberg ansässige Filmförderung der beiden Bundesländer Brandenburg und Berlin, das Medienboard, wurde auch zum großen Sieger vor allem dank der Förderung der beiden Andreas-Filme: Insgesamt sechs medienboard-geförderte Filme erhielten 18 Deutsche Filmpreise ausgezeichnet. Vor dem Hintergrund des Kleinert-Films über den Künstler , Rebell und Freigeist Thomas Brasch und Dresens Menschenrechtsdrama bezeichnete die Filmförderchefin Kirsten Niehuus die diesjährige Lola-Verleihung nachvollziehbarerweise als "ein Fest für Demokratie, Diversität und Freiheit".
Die Lola ist der wichtigste deutsche Filmpreis , die Preise in 19 Kategorien sind mit insgesamt rund drei Millionen Euro dotiert. Über die Auszeichnungen entscheiden in nahezu allen Kategorien die rund 2100 Mitglieder der Deutschen Filmakademie. (Mehr Bilder in der Fotostrecke zum Filmpreis 2002)
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