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Potsdam-Mittelmark: Das Kreuz mit der Quadratwurzel

Rehbrücker sollen jetzt erstmals für den Winterdienst zahlen. Viele wehren sich dagegen

Rehbrücker sollen jetzt erstmals für den Winterdienst zahlen. Viele wehren sich dagegen Nuthetal - Egon Mücke hat vor seinem Haus keinen Bürgersteig – trotzdem soll er für den Winterdienst bezahlen. Wie viele Rehbrücker hatte Mücke zwei Tage vor Weihnachten Post vom Bauamt im Briefkasten und wie viele ist er aufgebracht. 650 Euro soll er für diesen und den vergangenen Winter an die Gemeinde zahlen. Er hat schon seinen Rechtsanwalt kontaktiert. Dass das Thema Winterdienst und Straßenreinigung die Menschen auf die Barrikaden treibt, hat Potsdam gerade erst erlebt. Dort wurde die Berechnungsgrundlage geändert, nicht mehr die Länge der Straßenfront wird herangezogen, sondern die Quadratwurzel der Grundstücksfläche. Beschwert haben sich naturgemäß vor allem die, die jetzt mehr zahlen. In Bergholz-Rehbrücke wird die Gebühr für den Winterdienst dagegen erstmals erhoben. Das Unverständnis scheint aber ähnlich groß. Einige Anwohner kamen am Dienstagabend zum Ausschuss für Ortsentwicklung, um ihre Fragen los zu werden. Muss ich trotzdem fegen, wenn der Winterdienst nicht rechtzeitig kommt? Warum dieses Quadratwurzelsystem? Wer haftet, wenn ein Fußgänger verunglückt? Auch Ortsbürgermeisterin Annerose Hamisch-Fischer ist schon von vielen Anwohnern angesprochen worden. „Ich kenne viele Leute, die in Widerspruch gehen wollen“, sagte eine Anwohnerin nach der Sitzung. Da ein großer Teil der Straßen im Ort nicht ausgebaut ist, sind nach Angaben von Marek Keller aus dem Bauamt weniger als ein Drittel der Straßen von der Gebühr betroffen. Nach einer groben Schätzung haben vielleicht 600 Haushalte einen Vorbescheid erhalten. Die übrigen müssen weiterhin selber fegen. Für Unmut sorgte aber bei denen, die zahlen müssen, dass die Gebühr sie offenbar nicht gänzlich vom Griff zum Schneeschieber befreit. Denn der beauftragte Räumdienst kann nicht überall gleichzeitig sein. Die Firma bekommt von der Gemeinde eine Pauschale. Das sei üblich, da wegen der Unvorhersehbarkeit des Wetters andernfalls das Risiko für die Firma zu groß sei. Den ausgestreuten Kies entfernt sie nur einmal – am Ende des Winters. Anwohner, die das stört, müssen selber zum Besen greifen. Dazu Bauamtsleiter Torsten Zado: „Eine Gebühr ist keine Kostenerstattung. Sie bedeutet keinen Leistungsanspruch.“ Sollte ein Fußgänger auf einem schneebedeckten Bürgersteig ausrutschen, wird aber nach Auskunft von Torsten Zado nicht der Anlieger haftbar gemacht, sondern die Gemeinde. Er wies aber im gleichen Atemzug darauf hin, dass die Richter bei Glätte auch besondere Vorsicht verlangen würden: „Die Gemeinde hat bisher noch keinen dieser Prozesse verloren.“ Zado verteidigte außerdem das Quadratwurzelsystem. Es habe sich in der bundesdeutschen Rechtssprechung als das gerechteste durchgesetzt. Nehme man die Länge der Straßenfront als Grundlage, würden die Besitzer sehr großer Grundstücke bevorteilt, häufig gewerbliche Anlieger. Überrascht zeigte sich Annerose Hamisch-Fischer (PDS) von einer Aussage Zados. Dass ihr bei der Entscheidung über die Satzung drei verschiedene Varianten zur Ermittlung vorgestellt worden seien, daran konnte sie sich nicht erinnern. Den andern Gemeindevertretern im Ausschuss ging es genauso. Die Information war offenbar nur im Ordnungsausschuss übermittelt worden. In diesem Jahr kommt die Satzung allerdings wieder auf die Tagesordnung, da die Gebührenkalkulation alle zwei Jahre erneuert werden muss. Eine Befreiung von der Satzung ist laut dem Bauamt nicht möglich. Eine ähnliche Auskunft hat auch Egon Mücke bei einem ersten Anruf in der Verwaltung erhalten: „Es hieß, ich könne ja auch den Bürgersteig und den Radweg auf der gegenüberliegenden Straßenseite benutzen.“ Volker Eckert

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