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Potsdam-Mittelmark: Diva nur auf der Bühne

Am Donnerstag und Freitag steht Ilona Nymoen als eine von drei Diven auf der Bühne der Kammerspiele

Kleinmachnow - Tristan ist weg und Isolde leidet. Dramatisches Konfliktpotenzial, das des Wagnerianers Herz höher schlagen lässt. Doch Ilona Nymoen könnte auf dieses Drama verzichten. Keine Streicher kündeten das Unheil, kein symphonisches Donnerwetter untermalte den Schicksalsschlag. Vor zwei Monaten verschwand Kater Tristan einfach auf Nimmerwiedersehen und ließ Katze Isolde in Trauer zurück. Nun bettelt Isolde um Zuneigung, maunzt und umschmeichelt Beine. Doch trotz all des Leidens: In die Küche darf die Katze nicht.

Es überrascht nicht wirklich, dass die Katzen in der Familie der Mezzosopranistin Ilona Nymoen nach den tragischen Helden aus Wagners gleichnamiger Oper benannt wurden. Überrascht ist man darüber, dass nicht die 39-jährige Sängerin selbst Namensgeberin war, sondern ihre elfjährige Tochter Julia. „Als wir die beiden Katzen vor einem Jahr holten, zählte unsere Tochter ein paar berühmte Paare auf. Tristan und Isolde gefielen ihr dann am besten“, sagt Ilona Nymoen. Sie lehnt sich auf ihrem Stuhl zurück, die Hände auf dem großen Tisch in der geräumigen Küche und schaut nach der Katze Isolde, die derweil im Flur sitzt und darauf wartet, dass sie jemand in den wintertrüben Garten im Kleinmachnower Iltisfang lässt.

Am Donnerstag und Freitag steht Ilona Nymoen auf der Bühne der Kleinmachnower Kammerspiele. Punkt 20 Uhr wird sie zusammen mit Anna Bolk und Sabine Schwarzlose zeigen: „Divas sind für immer“. Ein musikalischer Rundumschlag, eine Mischung aus der Dietrich, der Piaf und der Callas. In Hamburg haben sich Nymoen, Bolk und Schwarzlose kennen gelernt, bei der Produktion zu den „Tenoritas“. Zehn Sängerinnen, die querbeet, von Verdi bis Rock, alles sangen. 2003 war das. Damals kamen sie zu dem Entschluss, ein eigenes Programm zusammenzustellen. Begleitet werden sie von dem Pianisten Volker Sondershausen, der auch Berlins Skandalnudel Désirée Nick bei ihrem Soloprogramm zur Seite steht. „Musikalische Comedy“ nennt Ilona Nymoen das Programm. Und wenn sie anfügt, dass in „Divas sind für immer“ auf Wagners Rheintöchter die Gören von Tic, Tac, Toe treffen, ist schnell klar, dass die drei Damen die Ernsthaftigkeit in der Garderobe zurücklassen werden.

Im Oktober standen die drei Diven zum ersten Mal mit ihrem gut zweistündigen Programm auf der Kleinmachnower Bühne. Das Haus war voll, die Show ein Erfolg. In diesem Jahr wollen sie den Ewigkeitsanspruch der Diven in ganz Deutschland verkünden. Ein Management ist engagiert, Städte wie Regensburg, Fürth, Dresden, Leipzig und Wien haben schon Interesse bekundet. Und sollte es zu der erhofften Tournee kommen, werden Ilona Nymoens Kolleginnen aus dem „ernsten“ Fach die Hände über ihre Köpfe zusammenschlagen und mal wieder prophezeien, sie ruiniere damit nur ihre Stimme.

In Mailand, am „Conservatorio di Musica - Giuseppe Verdi“ hat Ilona Nymoen Gesang studiert. Dabei eher Spätzünderin, denn Wunderkind. In Donaueschingen im Schwarzwald in eine Handwerkerfamilie geboren, hatte der Vater für sie was Bodenständiges im Sinn. „Lehrerin sollte ich werden.“ Gesungen hat sie schon damals viel. „Meine Mutter kann auf fast jedes Wort mit einem Musikstück antworten, ob Schlager oder Operette. Wir haben zu Hause mehr gesungen als geredet.“ Der Vater muss sich da manchmal gefühlt haben, wie zwischen den lustigen Weibern von Donaueschingen.

Nach ihrem Abitur kam Ilona Nymoen 1986 nach Berlin. Dem Wunsch des Vaters entsprechend begann sie ein Studium der Germanistik und Romanistik. Und weil sie auch singen wollte, stellte sie sich beim Berliner Kammerchor vor. Ein Entschluss mit weitreichenden Folgen. Ihrem ersten Vorsingen folgte nicht nur die Aufnahme in den renommierten Chor. Bei ihr wurde Talent entdeckt, das es zu fördern galt. Sie nahm Gesangsunterricht und beantragte einen Studienwechsel. Und bei den Chorproben lernte sie ihren späteren Mann Havard kennen, dessen Vater Norweger ist. „Da kommt auch der Name Nymoen her, wo das “Oe“ gesprochen wird wie ein “U“.“

Ihr Mann hatte das Ingenieursstudium abgeschlossen, arbeitete an seiner Promotion und bekam 1989 ein Angebot, in Italien zu arbeiten. Ilona Nymoen fiel die Entscheidung nicht schwer. Denn wo könnte man klassischen Gesang besser studieren als in Italien, dem Land der Oper? Drei Jahre blieben sie in Italien, dann gingen sie zurück nach Deutschland.

Ilona Nymoen ging immer mit ihrem Mann, ohne dabei ihre eigenen Ziele aus den Augen zu verlieren. Von 1991 an war sie für zwei Jahre am „Conservatorio di Musica“ in Piacenza eingeschrieben. Eine Art Fernstudium, wo sie nur für die Prüfungen nach Italien musste. Dann kam Tochter Julia zur Welt, ein Jahr später Sohn Jon. Sie hat in Hamburg die Carmen gesungen, in Lüneburg die Marzelline aus „Der Barbier von Sevilla“. Sie stand beim „Starlight Express“ in Bochum bis wenige Tage vor ihrer Entbindung auf der Bühne. „Bis ich nicht mehr hinter den Mikrophonständer passte“, sagt sie und lacht. Das Familie und Karriere sich nicht gegenseitig ausschließen müssen, dafür ist Ilona Nymoen der beste Beweis.

Seit November 2003 lebt Familie Nymoen in Kleinmachnow. „Mein Mann hat jetzt ein eigenes Büro in Berlin.“ In Kleinmachnow sei man heimisch geworden. Was bei Ilona Nymoen aber nicht heißt, dass sie jetzt ruhiger wird. Sie tritt in der Staatsoperette Dresden als Mutter in „Hänsel und Gretel“ auf. Für den Sommer hat sie ein Engagement bei den Schweriner Schlossfestspielen. Sie soll die Flora ins Verdis „La Traviata“ singen. Und wenn sie bei den Proben ihren Kolleginnen erzählt, dass sie in „Divas sind für immer“ auch mal die Janis Joplin röhrt, schütteln die meist nur die Köpfe. Für manche ist das Opernfach so heilig, dass daneben einfach nichts anderes existieren darf.

Ilona Nymoen liebt die Oper, da duldet sie keinen Widerspruch. „Mein Herz schlägt für die Klassik.“ Anfangs hat sie mit Begeisterung Händel und Gluck gesungen, ganz lyrischer Mezzosopran. Doch ihre Stimme hat sich entwickelt. „Ich fühle mich jetzt stärker zu dramatischen Charakteren hingezogen.“ Wagner zu singen, das ist eines ihrer großen Ziele. Probt sie für eine neue Rolle, ist sie unter der Woche oft nicht zu Hause. Das Wochenende aber gehört der Familie. Dann geht es auch mal mit dem Sohn zum Fußball. „Und das holt mich immer wieder auf den Boden zurück“, sagt Ilona Nymoen. Und auch das Wohl der Katze Isolde. Die soll nicht mehr lange einsam bleiben. Im Frühjahr wird ein neuer Kater geholt. Ein Name steht auch schon fest. Doch diesmal wird auf Wagner als Namensgeber verzichtet. Schlicht und ergreifend Otto soll der Kater heißen.

„Divas sind für immer“ am Donnerstag, 19. Januar, und Freitag, 20. Januar, jeweils um 20 Uhr in den Kammerspielen Kleinmachnow, Karl-Marx-Straße 18. Karten unter Tel.: (033203) 84 80 4

Dirk Becker

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