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DasWAR“S: Pickel im Gesicht

DasWAR“S Wieso sich Peter Könnicke vor kurzem mal wieder sehr jung fühlte Neulich haben wir unserem bald achtjährigen Sohn versucht zu erklären, was Pubertät ist. Das würde „cool“ werden, meinten wir.

DasWAR“S Wieso sich Peter Könnicke vor kurzem mal wieder sehr jung fühlte Neulich haben wir unserem bald achtjährigen Sohn versucht zu erklären, was Pubertät ist. Das würde „cool“ werden, meinten wir. Mädchen knutschen, Disko. Schwarze Haare am Schienbein und auch woanders. Pickel zwar, aber mit dem heutigen Angebot an Kosmetika bei weitem nicht so problematisch wie bei uns damals. Irgendwie müssen wir die Sache nicht exakt auf den Punkt gebracht haben. „Da geh ich nicht hin!“, weigerte sich unser Sohn. Er muss gedacht haben, die Pubertät ist ein Ferienlager. Gibt es eigentlich im Arbeitsleben auch eine jugendliche Phase? Ich bin jetzt über sieben Jahre bei dieser Zeitung, was gemessen an den 35 Dienstjahren unserer PNN-Postfrau nicht viel ist. Jeden Morgen zuckelte sie mit einem roten Wägelchen zur Post und hat unsere Briefe abgeholt. Manchmal stand sie etwas orientierungslos vor dem großen Regal, wo jeder Mitarbeiter sein Fach mit Namen und Ressort besitzt, und hat versucht, die Post zuzuordnen. Dabei hat sie mich regelmäßig gefragt: „Sind Sie Herr Könnicke?“ Oder: „Wo kommt die Post für Teltow hin?“ Und jedes Mal habe ich recht wirsch geantwortet: „Ja, ich bin immer noch Herr Könnicke und wo Teltow drauf steht, kommt auch Teltow rein.“ Das klang nicht immer nett, hat sie aber nie daran gehindert, beim nächsten Mal wieder zu fragen und mich hoffen zu lassen, dass sie es sich irgendwann einmal merkt. Vor ein paar Wochen haben wir unsere Postfrau in den Ruhestand verabschiedet. Es war zu unserer Betriebsweihnachtsfeier und der Verlag hat ihr ein Keyboard geschenkt. Ich fragte mich, was sie damit wohl anfangen soll. Etwas später habe ich sie gefragt, wie ihr das Geschenk gefällt. Es sei toll, sagte sie. Sie hoffe, jetzt mehr Zeit zum Musizieren zu haben. Und dann hat sie erzählt: vom Krieg, der Zeit danach, ihren Geschwistern. Dass sie mit acht für ein paar Jahre Klavierunterricht bekommen hat. „Manchmal“, sagte sie lachend, „wenn ich in einem Café bin und da steht ein Klavier, setze ich mich daran und spiele La Paloma.“ La Paloma? Plötzlich sagte sie: „Ich hab mir jetzt gemerkt, dass Sie Herr Könnicke sind.“ Ich stand da, mit einer Flasche Bier in der Hand und wusste nicht so recht, was ich sagen sollte. Ich fühlte mich, als hätte ich Pickel im Gesicht.

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