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Offizielle Beinamen: Zu wenig Blüten

Die Blütenstadt Werder (Havel) und die Rübchenstadt Teltow zieren sich noch, anderswo sind offizielle Ortsnamen-Zusätze stark nachgefragt.

Potsdam - Wie das brandenburgische Innenministerium am Freitag mitteilte, sind seit vergangenem Jahr insgesamt zehn solcher Beinamen an Kommunen vergeben worden. Bezeichnungen wie „Perle der Lausitz“ für Spremberg oder „Stadt der Optik“ für Rathenow können beispielsweise auf Ortseingangsschildern verwendet werden.

Die Zusätze sind mit der Neufassung der Kommunalverfassung im März 2013 möglich geworden. Demnach können Kommunen mit Dreiviertelmehrheit ihrer Parlamenten einen Beinamen beschließen. „Die kommunalfreundliche Neuregelung hat sich aus meiner Sicht bewährt“, erklärte Innenminister Ralf Holzschuher (SPD). Sie stoße bei den Gemeinden auf reges Interesse, sei unbürokratisch in der Umsetzung und leiste einen Beitrag zur Stärkung der regionalen Identität.

Die Zusätze müssen auf Geschichte, Eigenart oder Bedeutung der Kommune hinweisen. Die einzige Gemeinde, die im Landkreis Potsdam-Mittelmark im vergangenen Jahr davon Gebrauch gemacht hat, war Beelitz: Im Mai hatte die Stadt begonnen, ihre 65 Ortsschilder auszutauschen, auf denen jetzt auch „Spargelstadt“ zu lesen ist. Zuvor hatten sich die Stadtverordneten einstimmig für den Zusatz entschieden, der allerdings nicht auf amtlichen Dokumenten auftaucht.

Mit 1300 Hektar Anbaufläche ist Beelitz das drittgrößte Spargelanbaugebiet in Deutschland. 16 Spargelhöfe bewirtschaften die Felder, sind in der Saison der größte Arbeitgeber und ziehen Touristen und Ausflugsgäste an. Rund 10 000 Euro hat die Stadt in die Hand genommen, um den Titel einzuführen. Zum nächsten Spargelfest wird man die Gäste in der Spargelstadt begrüßen.

In Teltow waren Unternehmer und Wissenschaftler gegen einen offiziellen Zusatztitel „Rübchenstadt“ auf Ortseingangsschildern und Briefbögen Sturm gelaufen. Das Rathaus hatte daraufhin mit einem neuen Stadtlogo den Spagat zwischen der landwirtschaftlichen Tradition und dem modernen Technologiestandort versucht. Wellenlinien für den Teltowkanal, ein Rübchen und ein Atom sollen für die Stadt werben.

Für Werder hatte die Landtagsabgeordnete Susanne Melior (SPD) den Namenszusatz „Blütenstadt“ angeregt, der früher schon mal auf Briefköpfen des Rathauses zu finden war. Im Sommer wurde der Vorschlag von den Freien Bürgern aufgegriffen, er sollte in den Gremien der Stadtverordnetenversammlung diskutiert werden, wozu es dann nicht mehr kam. Bürgermeister Werner Große (CDU) kann sich, wie er bekannte, nicht mit der Idee anfreunden. Er fragt sich, ob es für einen solchen Beinamen reicht, was Werder an Blüten hat. Dass die Stadt nicht mal ein Logo hat, wird im neuen Tourismuskonzept kritisch angemerkt.

Vor 2013 wurde laut Innenministerium nur vier Gemeinden das Recht verliehen, eine Zusatzbezeichnung zu tragen. So darf sich die Kommune Trebatsch bei Beeskow seit 1998 auch „Leichhardt-Gemeinde“ und Neustadt an der Dosse seit 2000 „Stadt der Pferde“ nennen. Die „Fontanestadt“ Neuruppin gibt es sei 1998, die „Kleiststadt“ Frankfurt an der Oder seit 1999. Der 1961 in der DDR für Guben eingeführte Namensbestandteil „Wilhelm-Pieck-Stadt“ wurde 1990 gestrichen.

Seit 2013 gibt es nun in Brandenburg auch offiziell die „Flößerstadt“ Lychen, die „Wasserstadt“ Fürstenberg an der Havel, die „Havelstadt“ Zehdenick, die „Sängerstadt“ Finsterwalde, das „Holzschuhmacherdorf“ Friedrichswalde bei Joachimsthal und die „Nationalparkstadt“ Schwedt. (mit dpa, epd)

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