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Am Ende wurde das Gruppen-Coming-out dann doch an den nagel gehängt.

© IMAGO/Hanno Bode

Gescheitertes Gruppen-Coming-out im Fußball: Es bleibt der bittere Beigeschmack einer PR-Aktion

Trotz des Wirbels gab es kein gemeinsames Coming-out homosexueller Fußballer. Mit seiner Aktion könnte Marcus Urban ihnen einen Bärendienst erwiesen haben. Doch es gibt auch Grund zur Hoffnung.

Ein Kommentar von Inga Hofmann

Die Erwartungen waren hoch. Offenbar zu hoch, denn bereits vor einigen Tagen war der ehemalige Fußballspieler Marcus Urban zurückgerudert: Nachdem er vor einigen Monaten unter großem Wirbel das Gruppen-Coming-out im Profifußball angekündigt hatte, musste er nun zugeben, dass er mit keinem schwulen Profi in Kontakt sei. Die großen Namen blieben aus.

Hat Urban es ernst gemeint mit seiner Ankündigung im November? Oder ist er das Ganze zu leichtfertig angegangen? Diese Fragen muss er sich nun gefallen lassen. Denn mit seiner Kampagne könnte er den queeren Fußballern einen Bärendienst erwiesen haben.

Immer wieder berichten schwulen Fußballer aus dem Amateurbereich oder anderen Ländern über die großen Hürden, die weiterhin bestehen. Auch Urban, der nach seiner aktiven Karriere seine Homosexualität öffentlich gemacht hatte, erzählte von der Angst vor Anfeindungen und Diskriminierung. „Ich drohte zu zerbrechen, war 24 Stunden am Tag damit beschäftigt, meine Homosexualität zu verdrängen“, sagte er einmal.

Die Idee für ein Gruppen-Coming-out ist daher stark, denn sie verschiebt den Fokus von einem einzelnen Spieler auf eine Gemeinschaft, die sich für den Schritt an die Öffentlichkeit erscheint.

Urban hat die Debatte zusätzlich angespitzt

Ein Medienrummel lässt sich angesichts der Thematik wohl kaum vermeiden. Doch Urban hat die Debatte zusätzlich angespitzt, indem er über Monate einen künstlichen Spannungsbogen erzeugt hat. Die essenziellen Fragen hat er hingegen nie öffentlich beantwortet, etwa wohin die Gelder der Bundesligisten fließen, die sich an der Kampagne beteiligt haben. Oder warum er andere queere Sportler und Verbände ausgeschlossen hat.

Es bleibt der bittere Beigeschmack, dass das Ganze für Urban vor allem eine PR-Aktion in eigener Sache gewesen sein könnte.

Man kann hoffen, dass er mit seiner Kampagne queere Fußballer nicht eingeschüchtert oder gar abgeschreckt hat. Immerhin: Im Rahmen der Kampagne haben bundesweit Fans einen offenen Brief verfasst, in dem sie queeren Profis ihre Unterstützung zusichern. An der Basis scheint sich also etwas zu verändern und so könnten zumindest langfristig Strukturen geschaffen werden, die queeren Profis einen sicheren Raum für ihr Coming-out bieten.

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