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Die Handballer des HSV Hamburg würden sportlich die Klasse halten und müssen wahrscheinlich trotzdem absteigen.

© dpa/Frank Molter

Zankapfel HSV Hamburg: Handballer stehen vor erneutem Zwangsabstieg

Dem HSV wurde von der Handball-Bundesliga aufgrund einer verspäteten Millionenzahlung die Lizenz verweigert. In der Folge hat sich nun ein Streit innerhalb der Liga entwickelt.

Viele hatten wohl das Gefühl eines unangenehmen Déjà-vus. Denn als die Geschichte von einer möglichen Insolvenz des HSV Hamburg in der Handballwelt publik wurde, lag die gedankliche Brücke zu vergangenen Verhältnissen nicht fern. Schließlich plagte sich der in der Zwischenzeit mehrfach umstrukturierte Verein bereits 2005 sowie von 2014 bis 2016 mit derartigen Problemen. Und damals wie heute war das Drama groß.

Den offiziellen Anfang nahm die Neuauflage der Geschichte am 17. April dieses Jahres, als der HSV seine Lizenz für die kommende Saison nur unter Vorbehalt erhielt und 16 Tage Zeit bekam, um angemahnte Liquiditätslücken zu schließen. Angeblich soll es sich um insgesamt rund 4 Millionen Euro gehandelt haben – bei einem Gesamtetat von circa 6 Millionen Euro –, die nachgeliefert wurden. Allerdings nicht fristgerecht bis zum 3. Mai um 12 Uhr, wie es heißt, sondern eine Stunde zu spät, sodass die Lizenz von der Handball-Bundesliga (HBL) verweigert wurde.

Sollten nun aber 60 Minuten über den Verbleib des momentanen Tabellen-Neunten, dessen Kader Größen wie Johannes Bitter, Caspar U. Mortensen und Dani Baijens prägen, in der höchsten deutschen Spielklasse entscheiden? Hamburg beantwortete die Frage mit Nein und wandte sich an das HBL-Präsidium, das aber wiederum die vorangegangene Entscheidung bestätigte.

Im Zuge dessen ließ Liga-Chef Frank Bohmann verlautbaren, dass er zwar die Rückkehr des HSV in den Spitzenhandball „sehr positiv“ betrachte, es aber dort versäumt wurde, sich administrativ erstligatauglich aufzustellen. Fristverzüge seien keine Neuheit, heißt es im Hintergrund – Unruhen im Vorstand inklusive. Nach aktuellem Stand würde der HSV damit als erster HBL-Absteiger feststehen und wahrscheinlich in die Dritte Liga abrutschen.

Streit zwischen BHC und HSV gleicht einer Seifenoper

Eine weitere Ebene erhält das HSV-Drama derweil durch die Bestrebungen einiger Liga-Konkurrenten, angefangen beim Bergischen HC. Denn die stark abstiegsbedrohten Nordrhein-Westfalen hatten sich für eine einstweilige Untersagung der Lizenzvergabe an die Hamburger starkgemacht. Das prekäre dabei: Der Vorstand des BHC, Jörg Föste, ist gleichermaßen Vizepräsident beim Deutschen Handballbund (DHB) und soll seinem damit verbundenen Einfluss Nachdruck verliehen haben.

Der BHC diskreditiert die Lizenzierungskommission. Das kann nicht der Weg sein, um sportliche und unternehmerische Fehlentscheidungen zu kompensieren

Frank Bohmann, Chef der Handball-Bundesliga, über den Bergischen HC

„Der BHC kündigt etwas das Solidarsystem der Lizenzierung auf und diskreditiert die Lizenzierungskommission. Das kann nicht der Weg sein, um sportliche und unternehmerische Fehlentscheidungen zu kompensieren“, kritisierte Bohmann daraufhin beim Streamingsdienst Dyn und verlagerte einmal mehr die Diskussion in die Öffentlichkeit. Spätestens da nahm der Streit Züge einer Seifenoper an. Denn es dauerte nur wenige Stunden, bis die Bergischen mit einer Pressemitteilung reagierten und Bohmanns Aussagen unter anderem als „reputationsschädlich“ bezichtigten.

Mittlerweile entfachte aus dem Problemfeld HSV ein Streit, dessen Brandherde sich ligaweit verteilen und die sich nahtlos in die Negativschlagzeilen um den Magdeburger Dopingskandal sowie die Mannheimer Betrugsvorwürfe einreihen – und die sportlichen Erfolgserlebnisse des deutschen Handballs mit zwei Vertretern beim Champions-League Final Four in Köln und drei HBL-Klubs beim am 25./25. Mai im in Hamburg ausgetragenen Finalwochenende des Europapokals teils überstrahlen.

Zumal das Drama seinen letzten Akt noch nicht erreicht hat. Ein unabhängiges Schiedsgericht soll wenige Tage vor dem letzten Spieltag am 2. Juni in letzter Instanz entscheiden, ob das Schicksal des HSV Hamburg doch eine positive Wendung nehmen kann. Vor zehn Jahren gelang das. Allerdings war 2015/16 der Zwangsabstieg des einstigen Champions-League-Siegers in die Oberliga nicht mehr abzuwenden. Sollte sich die Geschichte wiederholen, ist fraglich, ob und wie eine erneute Revitalisierung des Handballstandortes Hamburg möglich ist.

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