zum Hauptinhalt

Lohnuntergrenze: Neue Regeln für die Zeitarbeit

Die SPD kann sich beim Mindestlohn für die Zeitarbeit nicht ganz durchsetzen. Die Lohnuntergrenze wird nicht ins Entsendegesetz aufgenommen. Die Gewerkschaften üben Kritik

Nach monatelangem Streit über die Ausweitung von Mindestlöhnen hat sich die große Koalition auf eine Lohnuntergrenze für Zeitarbeiter geeinigt. Allerdings wird diese Lohnuntergrenze - anders als von der SPD gewollt - nicht in das Entsendegesetz aufgenommen, welches bisherige Mindestlohnregelungen für verschiedene Branchen regelt, sondern in das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG).

Anwendung soll das AÜG aber nur bei den Zeitarbeitnehmern finden, die nicht nach Tariflohn bezahlt werden. Diese Regelung dürfte demnach auf maximal zehn Prozent der rund 700.000 Leiharbeitnehmer in Deutschland zutreffen. Nach den Plänen der großen Koalition soll für diese Gruppe nun bis Ende Januar festgelegt werden, bis zu welcher Höhe der Arbeitgeber nach unten vom Tariflohn der Branche abweichen darf. Nach Angaben von Unions-Fraktionschef Volker Kauder wird sich die Bezahlung am niedrigsten Tariflohn der Branche orientieren: "Das ist momentan der Tarifvertrag der Christlichen Gewerkschaft", sagte Kauder am Dienstag. Neben diesem Tarifvertrag existiert noch ein weiterer, höherer Manteltarifvertrag zwischen dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) und den Arbeitgeberverbänden IGZ und BZA.

Bereits am Montagabend hatten sich die Regierungsparteien zudem auf Mindestlöhne für weitere fünf Branchen geeinigt: Für rund 170.000 Arbeitnehmer des Wach- und Sicherheitsgewerbes, 160.000 Mitarbeiter der Abfallwirtschaft und rund 800.000 Mitarbeiter in Pflegediensten wird es künftig einen Mindestlohn geben. Auch rund 10.000 Mitarbeiter in industriellen Großwäschereien sowie etwa 3000 Arbeiter in Bergbau-Spezialdiensten werden einen Mindestlohn bekommen. Diese Mindestlöhne sollen im Entsendegesetz festgeschrieben werden und demnach künftig für inländische und ausländische Mitarbeiter gleichermaßen gelten.

Harsche Kritik kam von der Opposition

Die Einigung folgte auf einen langen und zähen Streit zwischen Union und SPD - während sich die SPD insbesondere für einen Mindestlohn in der Zeitarbeit stark gemacht hatte, hatte die Union diesen mit Hinweis auf die hohe Tarifbindung in der Branche stets abgelehnt. Beide Parteien wollten daher am Dienstag die Einigung als Erfolg für ihre Seite verbuchen. So feierte die SPD das Ergebnis als weiteren Durchbruch im Kampf für Mindestlöhne. "Es gibt eine Lohnuntergrenze, und Dumpinglöhne in der Zeitarbeit sind vorbei", sagte Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD). Partei-Vize Andrea Nahles bekräftigte, eine Lohnuntergrenze sei nichts anderes als ein Mindestlohn. Die Union hob dagegen hervor, dass die geplante Vorschrift kein Mindestlohn sei. Noch in diesem Monat soll der Bundestag nun ein entsprechendes Gesetz verabschieden, dass eine Lohnuntergrenze im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz für die Zeitarbeit etabliert und dabei die Tarifautonomie bewahrt. Auch die Ausweitung des Mindestlohns auf die anderen fünf Branchen soll dann beschlossen werden.

Der Kompromiss wurde am Dienstag sehr unterschiedlich aufgenommen. Der Bundesverband Zeitarbeit (BZA) begrüßte die Einführung einer Lohnuntergrenze als "in der Sache richtig". Sein Verband habe für einen tariflichen Mindestlohn gekämpft, sagte BZA-Hauptgeschäftsführer Ludger Hinsen. Mit einer Lohnuntergrenze lege aber nun der Gesetzgeber einen Mindestlohn fest, und das sei eine "nachhaltige Schädigung der Tarifautonomie".

Die Gewerkschaft Verdi bezeichnete den Kompromiss als Mogelpackung. "Damit ist dem Lohndumping weiterhin Tür und Tor geöffnet", sagte Verdi-Vorstandsmitglied Petra Gerstenkorn. Auch der DGB kritisierte, dass nicht der Mindestlohntarifvertrag für Zeitarbeitnehmer, wie ihn der DGB vorgelegt hatte, für allgemein verbindlich erklärt werde. "Es wäre ein Gebot der Stunde gewesen, jetzt die Zeitarbeit in das Entsendegesetz aufzunehmen", sagte Vorstandsmitglied Claus Matecki.

Harsche Kritik kam auch von der Opposition. Es sei lediglich ein Kompromiss mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner gefunden worden, hieß es bei den Grünen. Eine armutsfeste Lohnuntergrenze für alle Beschäftigten werde es damit auch künftig nicht geben.

Miriam Braun

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false