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Der neue Berliner Senat mit dem Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (Mitte)

© dpa/Annette Riedl

Die Fassade bekommt Risse: Streit statt Harmonie zwischen Berliner CDU und SPD

Wenn CDU und SPD eines nicht wollten, dann Streit auf offener Bühne. Genau den gibt es aktuell um nötige Sparmaßnahmen. Und es kommt noch schlimmer.

Es gibt wenige Aussagen, die Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) im ersten Jahr seiner Amtszeit so häufig bemüht hat wie die Beschwörung der innerkoalitionären Harmonie. Ganz anders als zuvor zwischen SPD, Grünen und Linke, würden unter seiner Ägide alle an einem Strang und diesen sogar in dieselbe Richtung ziehen, wurde Wegner nicht müde zu betonen. Eine Zeit lang schien diese Aussage tatsächlich nah an der Wahrheit.

Mittlerweile jedoch, das zeigt der binnen weniger Tage ausgeuferte Streit rund um die bevorstehenden Einsparmaßen, weist die einst romantische Fassade etliche Risse auf. Ausgelöst ausgerechnet durch die von Wegner so oft gelobte Innensenatorin Iris Spranger (SPD), tobt ein Streit darum, wer für die Einsparungen im für die CDU so elementaren Bereiche der Inneren Sicherheit verantwortlich ist.

Nicht nur hinter den Kulissen, sondern nun auch auf offener Bühne werden gegenseitig Schuldzuweisungen gemacht. Die „Augenhöhe“, von der Wegner so gern spricht, besteht mittlerweile scheinbar darin, dass sich die gegenseitigen Angriffe in ihrer Schärfe gleichen.

Überraschend kommt all das nicht: Schon von der erst im dritten Anlauf geglückten Wahl Wegners an hat die einstmals große Koalition aus CDU und SPD damit zu kämpfen, dass selbst in den eigenen Reihen nicht wenige mit der Konstellation fremdeln. Das gilt für die Fraktionen im Abgeordnetenhaus genau wie für einzelne Senatsmitglieder.

Der aktuelle Krach wiederum hat einen langen Vorlauf. Egal ob beim Vorschlag für den Umzug der Zentralen Landesbibliothek in die Galerie Lafayette, bei der Debatte über die Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete, beim Thema Antisemitismusklausel oder dem geplanten Bau eines Zauns um den Görlitzer Park: An etlichen Stellen waren die mitunter deutlichen Unterschiede zwischen den beiden Koalitionspartnern mehr oder minder offen zutage getreten. Dennoch siegte meist Disziplin über Emotion und Impuls.

Hatte den aktuellen Streit ausgelöst: Innensenatorin Iris Spranger (SPD).

© dpa/Hannes P Albert

Das ist seit Wochenbeginn anders: Anstatt das aus CDU-Sicht „grobe Foul“ Sprangers öffentlich zu ignorieren und intern auszuwerten, keilt die CDU verbal zurück. Einzig weil die Sozialdemokraten am umstrittenen 29-Euro-Ticket festhalten, fehle das Geld für neue Fahrzeuge bei Polizei und Feuerwehr, so die Reaktion der Christdemokraten. Blitzschnell heißt es aus der SPD, ein vermeintlicher Deal Ticket versus Innere Sicherheit sei nie offiziell vorgeschlagen worden. Pingpong und überwunden geglaubte Rot-Grün-Rot-Vibes in der Hauptstadt.

Die schlechte Nachricht für Berlin und Schwarz-Rot: Künftig wird die zarte Pflanze der Harmonie in der Koalition nicht weniger stark im Sturm stehen – im Gegenteil. Das gilt auch deshalb, weil es an anderer Stelle – Stichwort Verwaltungsreform – ebenfalls hakt.

Nachdem Wegner erste überambitionierte Aussagen zum Zeitplan schnell hatte korrigieren müssen, müht sich der für den Regierenden so wichtige Prozess aktuell durch die Ebenen. Im Hintergrund wird schon seit Monaten intensiv daran gearbeitet, im Falle eines Scheiterns des Vorhabens nicht der Schuldige zu sein.

Finanziell wiederum kommen auf diese Koalition noch ganz andere Klippen zu als die jetzige Einsparvorgabe von zwei Prozent pro Senatsverwaltung. Beim Vierfachen dürfte der Einsparbedarf im kommenden Jahr liegen, den Blick auf das Wahljahr 2026 wagen schon jetzt nur die ganz hart Gesottenen. Von einer „Abbruchkante“ ist unter Finanzexperten mit Blick auf die dann drohende Haushaltslage die Rede. Für das Bündnis aus CDU und SPD könnte sie zur Sollbruchstelle werden.

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