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Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck bei einer Pressekonferenz im April 2024 in Berlin.

© IMAGO/Political-Moments/imago

Veröffentlichung von Regierungsakten: Bitte zeigen Sie Ihre Papiere – und zwar schnell

Akw-Files und Corona-Protokolle zeigen: Wenn Medien Regierungsdokumente enthüllen, hilft es den politischen Debatten. Dass die juristischen Verfahren so lange dauern, ist ein Skandal.

Eine Kolumne von Jost Müller-Neuhof

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ist noch immer nicht zurückgetreten, obwohl das Magazin „Cicero“ aus geheimen Ministeriumsakten von einem bemerkenswerten Vorgang erfahren hatte: „Wie die Grünen beim Atomausstieg getäuscht haben.“

Der Bericht zeichnet ein Bild von Habeck als Büttel seiner Partei, der trotz Energiekrise und gegen den Rat der eigenen Fachleute am schnellen Atomkraft-Aus festzuhalten hatte. Ideologie schlägt Fakten, so die Erzählung.

Die Details sind zahlreich und umstritten, doch fest steht, dass Habeck sein Handeln erklären musste und die Öffentlichkeit nun mehr über klimapolitische Entscheidungen weiß als vorher. Ein Verdienst.

Ähnlich, wenngleich um noch einiges tendenziöser, verlief die Enthüllung des „Multipolar-Magazins“ zu Protokollen der Corona-Krisenstabssitzungen des Robert Koch-Instituts (RKI). Hier wurde der Eindruck erweckt, die Politik habe sich für ihre Pandemie-Maßnahmen nicht nur über das Wissen der Experten hinweggesetzt, sondern ihnen sogar hineingefunkt.

Doch auch hier gab es plötzlich Erklärungen, von denen vorher nie die Rede war – und eine neue Debatte, ob Aufarbeitung nötig ist.

Eine Debatte über den Ursprung der beiden Fälle fehlt dagegen leider. Beide Male hatten Journalisten auf Herausgabe der Dokumente vor Gericht klagen müssen. Die Verfahren zogen sich über Monate und Jahre. Grundlage war bei Habeck das Umweltinformationsgesetz (UIG), beim RKI das Informationsfreiheitsgesetz (IFG). Zwei Gesetze, nach denen im Prinzip jedermann Zugang zu Behördenakten hat. Sie haben nur einen Nachteil: Es dauert.

Für öffentliche Debatten jedoch ist Tempo entscheidend. Deshalb brauchen Medien, die recherchieren, einen schnellen Zugang zu Behördenakten. Und es braucht im Streitfall eine schnelle Entscheidung in einem gerichtlichen Eilverfahren, wie es nach UIG und IFG bisher ausgeschlossen ist.

Im Koalitionsvertrag steht etwas davon, Medien-Recherchen bei Bundesbehörden gesetzlich regeln zu wollen. Das Recht auf schnellen Dokumentenzugang muss dazugehören. Man kann über den Wert der daraus abgeleiteten Enthüllungen streiten, aufschlussreich sind sie fast immer.

Dass zuvor erst eine halbe Ewigkeit vergehen muss, ist ein größerer Skandal, als er im Handeln Habecks oder des RKI erkennbar wurde. Hiermit ist er enthüllt.

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