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Im Zusammenhang mit propalästinensischen Demonstrationen in Berlin hat die Polizei zahlreiche Personen festgenommen und Ermittlungsverfahren eingeleitet.

© dpa/Jörg Carstensen

Gazakonflikt auf deutschen Straßen: Antisemitische Straftaten auf neuem Höchststand

Der Nahostkonflikt hinterlässt Spuren in Deutschland. Das zeigen neue Zahlen zur politisch motivierten Kriminalität. Demnach hat sich die Zahl antisemitischer Straftaten fast verdoppelt.

In Deutschland wurden in 2023 so viele politisch motivierte Straftaten (plus 1,89 Prozent, 60.028 Delikte) wie nie zuvor begangen, das geht aus einer Statistik hervor, die Bundesinnenministerin Nancy Faeser am Dienstag in Berlin vorstellte.

„Wir sehen einen neuen Höchststand von Straftaten, die sich gegen unsere offene und freiheitliche Gesellschaft richten“, sagte die SPD-Politikerin. Diese Entwicklung müsse man sehr ernst nehmen, denn sie bedrohe die Demokratie und gesellschaftlichen Frieden.

 Seit dem Terrorangriff der Hamas gegen Israel und dem Gaza-Krieg sind zudem antisemitische Taten drastisch angestiegen

Nancy Faeser, Bundesinnenministerin

Der Höchststand bei politisch motivierter Kriminalität hat deshalb auch eine bundesweite Debatte über Präventionsmaßnahmen ausgelöst.

Hoher Ermittlungsdruck nötig

„Die Fallzahlen sind Anlass, um über Ursachen, Erfassung und vor allem Maßnahmen zur Bekämpfung von politisch motivierter Kriminalität zu sprechen. Wir beobachten eine Radikalisierung und Bereitschaft zu politisch motivierten Straftaten“, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Irene Mihalic, dem Tagesspiegel.

Die ehemalige Polizeibeamtin forderte neben besser ausgestatteten Sicherheitsbehörden und Justiz, den Hass durch Prävention zu bekämpfen.

Im Zuge dessen brachte Mihalic erneut das Demokratiefördergesetz ins Gespräch, welches seit Monaten in Abstimmungsrunden zwischen den Koalitionspartnern von Grünen und FDP festhängt.

Der Innenpolitiker Sebastian Fiedler brachte hingegen eine neue Bundesakademie für Prävention und Kriminalwissenschaften ins Gespräch.

„Es gibt keinen Überblick darüber, welche Projekte bundesweit dazu gedacht sind, Radikalisierung zu verhindern oder die Kinder- und Jugendkriminalität einzudämmen. Die neue Akademie soll die Ansprechstelle dafür werden und Hilfe bei der Standardisierung leisten“, sagte der SPD-Politiker dem Tagesspiegel.

Der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion will hingegen die Innenpolitik der Koalition wie gehabt fortsetzen.

Übergriffe nicht hinnehmbar

„Einschüchterungsversuche und Übergriffe gegen politisch engagierte Bürgerinnen und Bürger und gegen Polizei- und Rettungskräfte sind in keiner Weise hinnehmbar“, sagte Manuel Höferlin.

Deshalb will die FDP den Zugriff auf Meldedaten im Register leichter sperren, damit ehrenamtliche Kommunalpolitiker nicht mehr Opfer von Übergriffen an ihrer Haustür werden können.

Faeser hob besonders die Zunahme bei antisemitischen Straftaten hervor. „Seit dem Terrorangriff der Hamas gegen Israel und dem Gaza-Krieg sind zudem antisemitische Taten drastisch angestiegen.“

Mit 5164 Delikten (davon 148 Gewalttaten) wurde ein neuer Höchststand erreicht. Der massive Anstieg (2022: 2641, davon 88 Gewalttaten) zeigt sich im gesamten Bereich ausländische Ideologien.

Hier gab es einen Anstieg um 33 Prozent auf 5170 Taten, und im Bereich religiöser Ideologie nahmen die Straftaten sogar um rund 200 Prozent zu (1458 Straftaten).

Etwas weniger als die Hälfte aller im Vorjahr erfassten Straftaten (46,85 Prozent) konnte aufgeklärt werden. Um Straftaten aus dem politisch motivierten Spektrum zu verringern, brauche es laut Innenministerin hohen Ermittlungsdruck und schnelle Verfahren mit spürbaren Konsequenzen.

Kritik an Faesers Arbeit kam von der Vizevorsitzenden der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. „Wieder einmal stellt Frau Faeser Kriminalitäts-Höchststände vor, und wieder einmal macht sie: Nichts. Sie fordert beispielsweise ein entschiedenes Vorgehen gegen Antisemiten, ist aber nicht zu Änderungen im Asyl-, Aufenthalts- und Staatsangehörigkeitsrecht bereit“, sagte Andrea Lindholz dem Tagesspiegel.

Faesers mangelnde Handlungsbereitschaft und politische Schwäche sei ein Desaster für die Innere Sicherheit im Land, beklagte die CSU-Politikerin.

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